Die Usability-Muse, die uns noch immer inspiriert

a rainbow coloured hallway

Als Agentur wird uns immer wieder bewusst, wie schnell sich die Dinge im Bereich der digitalen Kommunikation weiterentwickeln. Deshalb waren wir kürzlich überrascht zu merken, dass uns ein 30 Jahre alter Ansatz zur Usability bis heute prägt. Mit anderen Worten: Jakob Nielsen hat immer noch Recht!

Die New York Times nannte ihn den «guru of Web page usability», Internet Magazine krönte ihn zum «king of usability» und die Wirtschaftswoche entschied sich für den Begriff «Usability-Papst» - aber wie auch immer man ihn nennen will, eines ist klar: Jakob Nielsen wird für seinen Einfluss im Bereich Usability geradezu verehrt. Er ist ein dänischer Forscher der Web-Usability und Human-Computer-Interaction, dessen Gedanken zu diesem Thema auch heute noch unsere Arbeit prägen. Bei Sergeant haben wir kürzlich unseren Ansatz für das UI-Design überprüft und festgestellt, wie relevant Nielsens Ideennoch immer sind. Egal wie sehr sich die Tools, der Markt und die Gesellschaft allgemein weiterentwickelt haben – einige Aspekte des menschlichen Verhaltens im Web scheinen sich einfach nicht zu ändern.

an old computer

Was brauchen Nutzer*innen?

Um die Bedeutung der Usability richtig zu verstehen, ist es wichtig, sie aus der Sicht der Benutzer*innen zu betrachten. Wie Nielsen in seinem Interview mit WebdesignerDepot erklärt, «hängt die Usability immer von zwei Dingen ab: Wer sind die Benutzer*innen und was wollen sie mit dem User Interface erreichen?» Laut einer von Google durchgeführten Umfrage wünschen sich Nutzer*innen mobil-freundliche Websites, weil sie diese täglich für verschiedene Aufgaben nutzen. Sie verlangen Websites, die:

  • einfach zu bedienen sind,
  • schnell laden,
  • leicht zu lesen und
  • ansprechend sind.

Was hat sich verändert?

Mit dem Fortschritt der digitalen Vernetzung ist auch die digitale Kompetenz stark gestiegen. Nach Angaben der ITU nutzten im Jahr 2021 schätzungsweise 4,9 Milliarden Menschen das Internet. Diese Zahl ist in den letzten zwei Jahrzehnten schnell gestiegen. Den stärksten Anstieg gab es mit der COVID-19-Pandemie. Wir haben das Internet voll und ganz angenommen, und so ist es nur logisch, dass sich unsere Interaktion damit verändert hat.

Jakob Nielsen zufolge kann die Art, wie wir mit Wörtern auf Webseiten umgehen, kaum als Lesen bezeichnet werden. Wir «scannen» Webseiten, um eine Nadel im Heuhaufen zu finden. Wir sind darauf trainiert, die überwältigende Menge an Daten erfolgreich zu filtern, um an die Informationen zu kommen, die wir wirklich brauchen. Sollten diese gefundenen Perlen dann nicht ausreichen, tauchen wir ein und lesen mehr darüber. Aber nie verlieren wir dabei unseren Fokus. Wir sind uns ständig bewusst, dass es keine wirklichen Konsequenzen hat, wenn wir die falsche Option wählen. Wir klicken vielleicht mal auf den falschen Link, aber auch dann gibt es einen Zurück-Button, der uns rettet.

On average, when you ask someone to perform a task on a site, they cannot do it. It's not their fault, it's the designer's fault.

Jakob Nielsen

Nielsens 10 Usability-Heuristiken für User Interface Design

Wir dürfen nicht vergessen, dass Jakob Nielsen seine Erkundung der Usability schon 1990 begann. Wenn du an die 1990er Jahre denkst, bohrt sich wahrscheinlich schon das nervige Geräusch einer Modemverbindung in dein Gehirn. Wir sind uns einig, dass die User Experience seither einen langen Weg zurückgelegt hat. Aber die 10 Usability-Heuristiken für User Interface Design, die Jakob Nielsen vor 30 Jahren definiert hat, lassen sich immer noch auf die heutigen Design-Herausforderungen anwenden.

Jakob Nielsen nennt seine zehn Regeln Heuristiken, weil es sich um allgemeine Faustregeln und nicht um spezifische Richtlinien handelt.

1. Sichtbarkeit des Systemstatus

Das Wichtigste ist, dass die User jederzeit über den aktuellen Stand der Dinge informiert sind. So fühlen sie sich bei ihren nächsten Schritten sicherer. Um das zu gewährleisten, muss das System Feedback geben und schnell sein.

2. Übereinstimmung zwischen System und realer Welt

Es ist besser, die Sprache des Users zu sprechen und jeglichen internen Jargon zu vermeiden. Zudem sollten Informationen in einer natürlichen und logischen Reihenfolge angeordnet sein.

3. Benutzer*inkontrolle und Freiheit

Benutzer führen oft versehentlich Aktionen aus. Sie brauchen einen deutlich gekennzeichneten «Notausgang», um die unerwünschte Handlung rückgängig zu machen. Die Option, etwas rückgängig zu machen, stärkt das Gefühl von Freiheit und Vertrauen.

4. Kohärenz und Standards

Die Nutzer sollten sich nie fragen müssen, ob verschiedene Begriffe, Situationen oder Handlungen auf der Website das Gleiche bedeuten. Es ist deshalb ratsam, die Konventionen der Plattform und der Branche zu befolgen.

5. Fehlervermeidung

Wir wollen alle fehleranfälligen Umstände vermeiden und dann überprüfen, ob es doch welche gibt. Wir sollten Usern eine Bestätigungsoption anbieten, bevor sie eine Aktion durchführen.

6. Wiedererkennen statt Erinnern

Das Kurzzeitgedächtnis des Menschen ist begrenzt. User sollten sich keine Informationen von einem Teil der Seite zur anderen merken müssen.

7. Flexibilität und Effizienz der Nutzung

Im Idealfall kann das Design sowohl unerfahrenen als auch erfahrenen Usern gerecht werden. Es könnte ihnen die Möglichkeit geben, häufige Aktionen auf ihre Bedürfnisse abzustimmen.

8. Ästhetisches und minimalistisches Design

Wir sollten Informationen vermeiden, die irrelevant sind oder selten benötigt werden. Das bedeutet natürlich nicht, dass man Nielsens Ansatz von «Flat Design» anwenden muss. Wir sollten nur sicherstellen, dass die visuellen Elemente die Ziele des Users unterstützen.

9. Unterstützung bei der Erkennung, Diagnose und Behebung von Fehlern

Fehlermeldungen sollten

  • in einfacher Sprache formuliert sein,
  • das Problem genau beschreiben und
  • einen konstruktiven Lösungsvorschlag liefern.
10. Hilfe und Dokumentation

Im Idealfall muss das System nicht erklärt werden. Aber wenn es unbedingt notwendig ist, sollten wir eine Dokumentation bereitstellen, die leicht zu finden ist und sich auf die Aufgabe des Users konzentriert.

Das ist alles ziemlich naheliegend? Klar! Es fühlt sich so an, weil es Nielsen offensichtlich gelungen ist, eine universelle Wahrheit des menschlichen Verhaltens zu erschliessen, die über Jahrzehnte des sich ständig weiterentwickelnden digitalen Zeitalters unverändert bleibt. Und deshalb hat Jakob Nielsen jeden einzelnen Adelstitel verdient, den das Internet ihm verleihen will.